
(06.10.07) Wie berichtet man "gerecht" von einer Veranstaltung, bei der der persönliche Geschmack und die Wertschätzung, die man empfindet, so weit auseinander gehen, wie beim Bonameser Weinfest? Ich fürchte, man kann sich nur in die Nesseln setzen, und das tue ich dann jetzt mal. Das Bonameser Weinfest wird vom Chor der katholischen Gemeinde organisiert und findet im Oktogon der katholischen Kirche statt, einem Raum, der für mein Empfinden wegen der Form und dem Sicherheitsnetz immer ein wenig an ein Zirkuszelt erinnert. Der ganze Raum ist mit Girlanden, herbstlich gefärbten Blättern und Kastanien recht nett herbstlich eingerichtet. An einer Art vergrößertem Casio-Taschenrechner steht ein Alleinunterhalter, der das Publikum mit "Jetzt aber mal alle hier!"-Sprüchen und Stimmungshits auf Drehzahl zu bringen versucht. Das ist natürlich so laut, daß man sich auch mit seinem unmittelbaren Nachbarn nur schreiend verständigen kann - und es dann deshalb auch bald sein läßt. Das finde ich sehr schade, denn wir sind eigentlich zum Reden gekommen ...
Immerhin erfahre ich von einer Dame, die sich offenbar mit der Dramaturgie des Abends auskennt, daß zunächst die JUG auftritt und dann die AUG: Die junge Unterhaltungsgruppe und die alte Unterhaltungsgruppe. Wie ungerecht das auch immer sein mag, aber für mich hört sich das so an, als solle hier die Unterhaltung ordnungsgemäß durchgeführt werden. Dann öffnet sich der Vorhang und die junge Unterhaltungsgruppe betritt die Bühne: Man gibt Schlager aus den 70-ern ("Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben", "Ein Bett im Kornfeld", ...) im Karaoke-Verfahren, die durch mehr oder minder launige Zwischenmoderationen miteinander verbunden werden. Zur Halbzeit der Präsentation wird die Discokugel eingeschaltet.
Ich persönlich kann mit dieser Musik nichts anfangen und mir fährt jeder falsche Ton ins Rückenmark: Hier stehe ich, ich kann nicht anders.
Und das tut mir leid. Das ist keine Floskel, denn ich sehe, daß es dem Publikum gefällt, daß die Akteure offenbar einen Riesenspaß haben und ich nehme zur Kenntnis, daß es die Gruppe, in wechselnden Besetzungen natürlich, schon 25 Jahre gibt. Davor und vor der integrativen Kraft dessen habe ich einen Heidenrespekt - mmhhm, ob das der katholischen Kirche Recht ist? Wie auch immer, ich kann mir vorstellen, wie lange die JUG an der ganzen Sache geprobt hat und wieviele Leute wieviel Freizeit dort investiert haben, statt sich nach Feierabend nur durch irgendetwas berieseln zu lassen. Davor ziehe ich den Hut und ich komme nächstes Jahr wieder - wenn ich dann kein Lokalverbot habe ... ;-)
Katholische Gemeinde in Bonames